HEIDELBERGER ANTIFASCHIST DARF NICHT LEHRER WERDEN



"SchieSS-Erlass"?



Seit Ende August ist es amtlich. Kultusministerin Schavan (Baden-Württemberg) verkündet in einer Pressekonferenz das endgültige Berufsverbot: ein Bewerber für das Realschullehramt wird allein deshalb abgelehnt, weil er sich nicht pauschal und undifferenziert von der antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD) bzw. deren im Internet dargestellten Selbstverständnis distanzieren mag.


Von Kurt Regenauer aus Heidelberg - Das kennen wir doch schon alles. War da nicht was Anfang der siebziger Jahre mit dem tollen Namen "SchieSS-Erlass"? Filbingers Innenminister Schieß war bundesweit federführend in Gesinnungsschnüffelei und Berufsverboten: Für ein Ausbildungsverbot reichte die Teilnahme an Demonstrationen oder an Veranstaltungen linker Gruppen bzw. eine Reise in die DDR. Allein zwischen 1973 und 1976 wurden mehr als 70. 000 Bürgerinnen und Bürger Baden-Württembergs "überprüft".


Das Ländle ist mit diesem neuerlichen Berufsverbot voll auf der Rolle rückwärts in den Mief der Ära Filbinger. Damals schickte es sich noch, als Ministerpräsident mindestens Altnazi (wie Kurt Georg Kiesinger) oder gar Nazirichter (wie Filbinger) mit Todesurteilen für Fahnenflucht und Wehrkraftzersetzung unmittelbar vor Kapitulation der Wehrmacht gewesen zu sein. Gleichzeitig wurde die schützende Hand über schlimme, derweilen rechtskräftig verurteilte notorische Volksverhetzer wie Günter Deckert, der immerhin von 68-88 im Schuldienst stand, gelegt. Der - auch Heidelberger - durfte sogar eine "Arbeitsgemeinschaft Nationaldemokratischer Lehrer" gründen, ehe dem späteren Bundesvorsitzenden der NPD das Handwerk gelegt wurde.


Auch in anderer Hinsicht feiert der braune Mief jener, längst überstanden geglaubten Ära wieder fröhliche Urständ. Die NPD war auch damals - wie gerade in Sachsen - in die Landtage eingezogen, in BaWü sogar ebenfalls mit 9%. Filbinger verteidigte 1972 eine absolute Mehrheit von rund 52% nur nach Wahlempfehlung durch die NPD. Als er 1978 wegen seiner skandalösen Vergangenheit endlich gehen und Lothar Späth Platz machen musste, dachte wohl noch niemand an seine politischen Erben und EnkelInnen.


Diese in Person der langjährigen Vorsitzenden der Kultusministerkonferenz und derzeitigen Kultusministerin Annette Schavan wurde Ende der Ära Kohl noch gehandelt als "junge Wilde" und tatkräftige Reformerin. Heute ist das alles anders. Bekannt ist sie mittlerweilen eben auch als Hauptverantwortliche für den "Bildungsnotstand" (auch das eine Vokabel der siebziger Jahre), für einseitige Religionsdiskrimierung durch ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen und landet mit der unlängst praktizierten neuerlichen Linkenhatz womöglich noch als Bettvorleger für die NPD.


Das kann wirklich einfach nicht angehen. Ein breites bundesweites Bündnis von 70 Organisationen und zahlreichen Einzelpersonen schlägt öffentlich Alarm.


DEMONSTRATION


Am Samstag, den 23. Oktober 2004 findet in Heidelberg eine Demonstration gegen das Wiederaufleben der bundesdeutschen Berufsverbotspraxis statt.

Treff Bauhaus, Beginn: 13:00 Uhr

Näheres:

www.gegen.berufsverbote.de