Eberbacher Zeitung, 06.09.2007

 

Linker Lehrer wird doch noch übernommen

Seit 2004 muss ein Lehrer um seinen Job kämpfen, weil die Behörden an seiner Verfas­sungstreue zweifeln. Jetzt ge­ben die Behörden nach und dem Pädagogen eine Stelle.

 

HEIDELBERG n Nach jahrelangem juristischen Tauziehen kann der von Behörden als linksextrem einge­stufte Heidelberger Lehrer Michael Csaszkoczy wieder Kinder unterrichten: Kurz vor Beginn des neuen Schuljahrs hat der Pädagoge ein Stellenangebot für eine Realschule in Eberbach (Rhein-Neckar-Kreis) erhalten, wie ein Sprecher des Kul­tusministeriums berichtete. Der Lehrer will die Stelle nach Angaben des zuständigen Regierungspräsidi­ums Karlsruhe annehmen.

Weil sich Csaszkoczy in der „Anti­faschistischen Initiative Heidel­berg” engagiert, hatten ihm das

Land Baden-Württemberg und spä­ter auch Hessen die Beamtenlaufbahn verwehrt. Der Verfassungs­schutz hatte die Antifa-Gruppe be­obachtet und als linksextrem einge­stuft. Im August 2004 wurde Csasz­koczys Bewerbung für den Schuldienst abgelehnt. Die „Antifa-Initia­tive” stelle sich gegen die freiheit­lich-demokratische Grundordnung und befürworte Militanz, begrün­dete die damalige Kultusministerin Annette Schavan (CDU) den Raus­wurf. Ein Jahr später scheiterte auch der Versuch des Lehrers, an ei­ner Schule im südhessischen Hep­penheim unterzukommen.

Die fachliche Eignung des 37-Jäh­rigen wurde von den Behörden nicht angezweifelt, sein Referenda­riat hat der Lehrer ohne Beanstan­dungen absolviert.

„Unser Einsatz gegen das letzte Berufsverbot gegen einen Lehrer in Deutschland war erfolgreich”, sagte

gestern der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wis­senschaft, Rainer Dahlem. „Wir freuen uns, dass das Kultusministe­rium endlich eingesehen hat, dass das Berufsverbot ein Rückfall in eine unrühmliche Politik der 1970er Jahre war.”

In Heidelberg hatte sich eine Un­terstützer-Initiative für den abge­lehnten Lehrer eingesetzt, Unter­schriften wurden gesammelt und auch eine Demonstration auf die Beine gestellt.

Zuerst abgeblitzt

Vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe war der Lehrer mit seiner Klage auf Übernahme in den Schuldienst zuerst noch gescheitert, vor dem Verwaltungsgerichtshof Ba­den-Württemberg verbuchte Csasz­koczy dann einen Teilerfolg: Die Mannheimer Richter urteilten im vergangenen März, dass dem Leh­rer die Einstellung zu Unrecht ver­weigert worden sei. Der pauschale Verdacht mangelnder Verfassungs­treue rechtfertige die Ablehnung nicht, die Behörde habe „bei ihrer ungünstigen Prognose wesentliche Beurteilungselemente nicht hinrei­chend berücksichtigt”, kritisierte der Verwaltungsgerichtshof.

Die Schulbehörde musste die Be­werbung des Lehrers für Ge­schichte, Deutsch und Kunst nach dem Mannheimer Urteil erneut prü­fen. „Man hat sich an die Vorgaben des Urteils gehalten”, begründete der Ministeriumssprecher in Stutt­gart jetzt das Stellenangebot. Csasz­koczy werde in das Angestelltenver­hältnis übernommen. „Das ist im­mer so, wenn die Einstellung außerhalb des regulären Verfahrens stattfindet.” Der 37-Jährige habe aber „eine sichere Perspektive auf Verbe­amtung”, sagte der Sprecher. eb/Isw

 

BERUFSVERBOT / Michael Csaszkoczy darf endlich unterrichten

Ruhigen Anfang ermöglichen

Realschulrektorin Sattler-Streitberg: Früherer Referendar hat Chance verdient

 

Nicht nur sein Aussehen - Ringe übers ganze Ohrläpp­chen, Piercings und ein lusti­ger Bart im freundlichen Ge­sicht - hebt den Lehrer Mi­chael Csaszkóczy aus der Masse heraus. Zum neuen Schuljahr kommt der Heidel­berger an die Eberbacher Realschule, damit endet ein jahrelanger Rechtsstreit um seine Übernahme in den Schuldienst.

Nach jahrelangem juristischem Tauziehen darf der 37-Jährige nun doch unterrichten. Weil er als links-

extrem eingestuft worden war, hat­ten ihm die Länder Baden-Württem­berg und später auch Hessen die Be­amtenlaufbahn verwehrt und dafür sein Engagement in der „Antifaschis­tischen Initiative Heidelberg” ange­führt. Dabei gilt Csaszkoczy als fähi­ger Pädagoge, hat seine Ausbildung mit guten Noten abgeschlossen.

Realschulrektorin Regine Sattler-Streitberg freut sich auf seine Unter­stützung. Am Dienstag erst hat sie von der Zuteilung seitens des Regie­rungspräsidiums erfahren. Csasz­koczys fachliche und persönliche Qualifikation steht für sie außer Frage, seit sie ihn in seiner Ausbil­dung in Heidelberg betreut hat. „Wir sind hier sehr unaufgeregt”, sagte sie gestern Nachmittag der Eberbacher Zeitung. Sie will ihrem früheren Refe­rendar „die Chance geben, die jeder verdient hat” und will ihm einen ru­higen und normalen Anfang an der Schule ermöglichen. Er hat mit sei­nen Studienfächern Deutsch, Ge­schichte und Bildende Kunst genau das Profil, das zur Verstärkung des Kollegiums benötigt wird. Im Lauf der kommenden Woche sollen die Verträge unterschrieben werden, dann kann Csaszkoczy als Lehrer an der Realschule anfangen.

Das Regierungspräsidium bestä­tigt, dass der Realschullehrer das Einstellungsangebot für seinen Wunschort bekommen habe.

Der Verwaltungsgerichtshof Ba­den-Württemberg (VGH) hatte im März entschieden, das Land habe dem Lehrer zu Unrecht die Einstel­lung verweigert. Jahrelang hatte sich das Regierungspräsidium Karlsruhe gegen die Einstellung des Antifa-Ak­tivisten gewehrt und war damit bundesweit auf Empörung gestoßen. Denn wirkliche Vergehen konnten ihm nie nachgewiesen werden. „Die angeführten Vorfälle ergeben nicht das dem Kläger unterstellte aktive Eintreten gegen die freiheitliche de­mokratische Grundordnung und sind nicht geeignet, Zweifel an seiner Verfassungstreue zu begründen”, zi­tierte Spiegel-online gestern das VGH-Urteil.      fb/dpa/lsw