Frankfurter Rundschau, 29.04.2009

Land muss linken Lehrer entschädigen

VON ANDREAS SCHWARZKOPF

Man kann das Urteil des Landgerichts Karlsruhe im Fall des Realschullehrers Michael Csaszkóczys getrost als Ohrfeige für das Kultusministerium Baden-Württemberg bezeichnen. Den Richtern zufolge handelte die Behörde bei dem Berufsverbot gegen den Antifaschisten schuldhaft und muss ihn für den vierjährigen Verdienstausfall mit 32.000 Euro entschädigen.


Csaszkóczy freute sich am Dienstag und findet sich auf ganzer Linie bestätigt. Er selbst habe dem Land einen Vergleich angeboten. Das entschied sich dagegen - und musste in dieser Verfahrensserie nun schon die zweite Niederlage einstecken.

 

Denn der Verwaltungsgerichtshof des Landes hatte im März 2007 das Ministerium angewiesen, das Berufsverbot gegen den heute 38-Jährigen zu prüfen, da "das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe bei der für den Kläger ungünstigen Prognose wesentliche Beurteilungselemente außer Acht gelassen" habe.

Zweifel an Verfassungstreue


Das RP hatte die Verfassungstreue des Referendars angezweifelt, weil Csaszkóczy sich bei der antifaschistischen Initiative Heidelberg engagiert hatte. Der Lehrer betont, er habe "mit den Mitteln des Rechtstaats gegen Unrecht und braune Propaganda gekämpft". Der Verfassungsschutz hatte ihn trotzdem jahrelang beobachtet.

Seine Verfehlungen: eine Demonstration, deren Teilnehmer sich nicht an den angemeldeten Weg hielten, und eine Kundgebung für Flüchtlinge, bei der er für kurze Zeit in Gewahrsam genommen wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof fand, das RP habe das einwandfreie Verhalten Csaszkóczys während seiner Referendariats ebenso unberücksichtigt gelassen wie dessen Einsatz für Kinder und Jugendliche. Auch sei die Teilnahme an Demonstrationen vom Grundgesetz gedeckt. Derart belehrt, lenkte das Land ein: Csaszkóczy unterrichtet seit dem Schuljahr 2007/08 in der Realschule Eberbach am Neckar.

Seine Kollegen, Schüler und Eltern empfingen ihn mit offenen Armen, erzählte Csaszkóczy. Er lobt das Solidaritätskomitee und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die ihn seit Beginn des Konflikts 2004 unterstützten.

Ob die Freude über den letzten Sieg noch einmal getrübt wird, darüber entscheidet das Kultusministerium: "Wir prüfen das Urteil", sagte Vize-Pressesprecher Hansjörg Blessing. Eine Berufung ist also noch denkbar.