Junge Welt, 26.06.2007

»Die Kampagne muß weitergehen«

Opfer von Berufsverbot soll Fragen zu seiner »politischen Treuepflicht« beantworten. Ein Gespräch mit Michael Csaszkóczy

Interview: Markus Bernhardt
* Michael Csaszkóczy ist Realschullehrer, darf seinen Beruf wegen seiner politischen Einstellung aber nicht ausüben

Seit 2003 wird Ihnen aufgrund Ihres Engagements für die »Antifaschistische Initiative Heidelberg« (AIHD) die Einstellung in den Schuldienst verweigert. Jetzt hat das örtliche Regierungspräsidium Sie zu einem ergebnisoffenen Gespräch geladen. Erwarten Sie, daß die Behörde Ihrer Einstellung nun doch noch zustimmt?

Die Formulierung der Ladung läßt nicht unbedingt Gutes erwarten. Dort ist von »nach wie vor offenen Fragen zu meiner politischen Treuepflicht« die Rede. Ich habe in den vergangenen Jahren vor Kommissionen, Gerichten und in der Öffentlichkeit ausführlich Stellung zu allen diesbezüglichen Fragen genommen. Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen. Mir ist nicht klar, welche »offenen Fragen« es da noch geben könnte.

Das Verwaltungsgericht Mannheim hat das gegen Sie verhängte Berufsverbot im März dieses Jahres für Unrecht erklärt. Welche Schlüsse haben Baden-Württembergs Behörden aus dem Urteil gezogen?

Ein Ministeriumssprecher hatte gleich nach dem Urteil erklärt, er sehe nicht, daß das Land durch das Urteil verpflichtet werde, mich einzustellen. Das ist so richtig wie banal: Meine Einstellung konnte das Gericht nicht vollziehen. Allerdings hat es überdeutlich festgestellt, daß nichts von dem, was der Inlandsgeheimdienst und die Ministerien gegen mich vorgebracht haben, geeignet ist, Zweifel an meiner Verfassungstreue zu begründen und mir deshalb die Einstellung zu verweigern. Die logische Folge müßte demnach nach dreieinhalb Jahren rechtswidrigen Berufsverbotes meine sofortige Einstellung sein. Die Begründung der neuerlichen Ladung vor das Regierungspräsidium läßt befürchten, daß das Land Baden-Württemberg immer noch nicht bereit ist, diese überfällige Konsequenz zu ziehen.

Wie ist das Landesamt für Verfassungsschutz mit dem Urteil umgegangen?

Im aktuellen baden-württembergischen Verfassungsschutzbericht herrscht zum Thema Berufsverbot betretenes Schweigen. Das ist zumindest insofern bemerkenswert, als der Geheimdienst in den vergangenen Jahren in seinen Berichten keine Gelegenheit ausgelassen hat, die Verhängung des Berufsverbots beinahe hämisch zu kommentieren. Selbst die von einem denkbar breiten Bündnis getragene Solidaritätsbewegung wurde immer wieder als verfassungsfeindliche Bestrebung diffamiert.

Rechnen Sie in einem Bundesland wie Baden-Württemberg, dessen Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) aufgrund geschichtsverfälschender Äußerungen und seines Engagements für die rechte Denkfabrik »Studienzentrum Weikersheim« in der jüngsten Vergangenheit für diverse politische Skandale sorgte, und trotz Ihres Engagements für die Rote Hilfe und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) mit einer Einstellung in den Schuldienst?

Das ist letzten Endes keine Frage staatlicher Einsicht. Von Politikern vom Schlage eines Herrn Oettinger erwarte ich mir natürlich gar nichts. Aber Menschenrechte und Demokratie waren noch nie Gnadengeschenke, sondern mußten zu allen Zeiten von sozialen Bewegungen erkämpft werden. Und da bin ich guten Mutes, daß die Solidarität letzten Endes über staatliche Einschüchterung und Duckmäusertum siegen wird.

Über 2000 Menschen haben sich für Ihre Einstellung und gegen Berufsverbote stark gemacht. Darunter viele Prominente, Künstler und Politiker. Wie kann man Sie ansonsten unterstützen?

Zunächst einmal ist es wichtig, weiter aufmerksam zu bleiben. Nach unserem durchschlagenden Erfolg vor Gericht haben viele geglaubt, diese Sache sei nun ausgestanden. Es hat sich gezeigt, daß dem noch nicht so ist – auch das Land Hessen beharrt ja nach wie vor auf dem gegen mich verhängten Berufsverbot. Solange die gesetzlichen Grundlagen der Berufsverbote nicht beseitigt sind, aber auch so lange die vielen Betroffenen aus den 1970er und 1980er Jahren nicht rehabilitiert sind, muß die Kampagne gegen Berufsverbote weitergehen. Das bedeutet in erster Linie, Öffentlichkeit zu schaffen und gesellschaftlichen Druck zu erzeugen. Das Solidaritätskomitee kann dafür jede Form von materieller und tatkräftiger Unterstützung brauchen.

Infos: gegen-berufsverbote.de