Mannheimer Morgen, 21.09.2005

Linker Lehrer darf nicht unterrichten

Berufsverbot auch in Hessen: Heidelberger Pädagoge könnte zum Präzedenzfall werden

Von unserem Redaktionsmitglied Christiane Bührer


Berufsverbote schienen ausgestorben - seit über zehn Jahren. Ein Heidelberger Lehrer scheint nun zum neuen Präzedenzfall zu werden: Der 35-jährige Michael Csaszkóczy wurde sowohl in Baden-Württemberg als auch in Hessen zur Übernahme in den Schuldienst abgewiesen (wir berichteten). Man habe „Zweifel an seiner Verfassungstreue“, begründet man in Stuttgart und jetzt auch in Wiesbaden Vorbehalte gegen das aktive Antifa-Mitglied.

Für mich persönlich ist das mehr als bitter“, sagt Csaszkóczy, der seit seiner Jugend politisch gegen Rechts aktiv ist. Sein Referendariat absolvierte er an der Theodor-Heuss-Realschule in Heidelberg. Das Gutachten muss positiv ausgefallen sein: Schließlich hatte ein Heppenheimer Schulleiter keine Bedenken, ihn unter neun Kandidaten auszuwählen. „Die Ablehnung des Bewerbers ist für mich nicht nachvollziehbar. Er war auch von den Noten her eindeutig der Beste“, sagt Peter Kühn bedächtig. Kurz vor der ersten Lehrerkonferenz zum neuen Schuljahr hatte das Kultusministerium Kühn angewiesen, den Vertrag seines neuen Geschichte-, Kunst- und Deutschlehrers auf keinen Fall zu unterschreiben. „Ich war sehr geschockt und höchst überrascht“, sagt der Rektor der Martin-Buber-Realschule, der die Zeit der Berufsverbote noch selbst erlebt hat.

In Hessen begründet man die Ablehnung des Lehrers vorwiegend mit dem Berufsverbot im benachbarten Baden-Württemberg: Das war Csaszkóczy nach einem „vertieften Einstellungsgespräch“ im April 2004 erteilt worden. „Es war eher eine Art Verhör, in dem ich mich von einem Diskussionspapier der Antifa Heidelberg distanzieren sollte. Das war mir zu pauschal“, erzählt der Geschichtslehrer, der „ein blütenreines Führungszeugnis“ vorweisen kann und Gewalt gegen Menschen oder Sachen ablehnt. Dass ihn der Geheimdienst trotzdem zwölf Jahre lang beobachtete, findet der nun; Arbeitslose fast schon beängstigend: „Meine politische Aktivität bewegt sich in einem Rahmen, der ganz sicher nicht angetan ist, die Grundfesten unseres Staates zu erschüttern.“ Seine Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe wird von der Lehrergewerkschaft GEW unterstützt.


GEW gibt rechtliche Rückendeckung

Bestehen berechtigte Zweifel an der Bereitschaft des Heidelberger Pädagogen Michael Csaszkóczy, „jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik einzutreten“? Darüber müssen nun die Gerichte entscheiden. Unterstützung bekommt der 35-Jährige von der GEW: „Es kann nicht angehen, dass ein politisch denkender und handelnder Mensch durch seine Mitgliedschaft in einer Initiative vom Staatsdienst ausgeschlossen wird“, sagt GEW-Sprecher Ulf Rödde. Es seien weder dienstliche Verfehlungen noch Gesetzesverstöße“ bekannt: „Was will man ihm also vorwerfen?“, fragt Rödde. Die GEW gehe davon aus, dass es in Hessen zu einem mündlichen Vertrag gekommen sei. Man stellt sich ein auf langes und kostenintensives Verfahren ein - in der ersten Instanz werden etwa 2500 Euro fällig. cib