Neues Deutschland, 15.03.2007


Gericht hebt Berufsverbot auf

Keine Zweifel an Verfassungstreue von linkem Lehrer / Urteil begrüßt

Der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof hat das bundesweit einzige Berufsverbot gegen einen linken Lehramtsbewerber aufgehoben. Der Heidelberger Michael Csaszkóczy hat nun wieder Chancen auf eine Einstellung als Realschullehrer.



Berlin (ND). Das Oberschulamt Karlsruhe hat Michael Csaszkóczy zu Unrecht die Einstellung in den Schuldienst des Landes wegen Zweifel an seiner Verfassungstreue verweigert. Dies hat der 4. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) am Mittwoch entschieden. Das Land ist nun verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Einstellung in den Schuldienst unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Csaszkóczy hatte sich im Sommer 2002 in Heidelberg beim Oberschulamt um eine Stelle als Realschullehrer im Schuldienst des Landes Baden-Württemberg beworben. Trotz Bestnoten war ihm jedoch die Einstellung verweigert worden. Zur Begründung verwies die Behörde damals auf Csaszkóczys Mitgliedschaft in der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD). Die Gruppe wird vom Verfassungsschutz als »linksextrem« eingestuft und bezeichnet »Militanz als legitimes Mittel im Kampf um Befreiung«.
Bei der mündlichen Verhandlung am Dienstag wollte sich Csaszkóczy von dieser Aussage aus »Respekt vor den Menschen, die im Dritten Reich Widerstand geleistet haben«, nicht distanzieren. Mit Blick darauf verwies der Vorsitzende Richter Klaus Brockmann schon in der Verhandlung darauf, dass sich Csaszkóczy in der Jugendarbeit gegen rechte Gewalt engagiert und in Heidelberg deshalb für die Verleihung der Bürgermedaille für Zivilcourage vorgeschlagen worden war.
Der Kläger wird zwar seit 1992 vom Verfassungsschutz beobachtet, konkrete Rechtsverstöße konnten ihm aber nicht nachgewiesen werden. Das Gericht bezeichnete deshalb auch eine dem Kläger vom Land vorgehaltene »Sündenliste« mit zahlreichen kleineren Vorfällen als »nicht geeignet, die Annahme mangelnder Verfassungstreue zu rechtfertigen«.
Der freie zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs) begrüßte das Urteil und sieht darin eine »Stärkung der Meinungsfreiheit und des Engagements gegen Faschismus«. Die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Nele Hirsch, sprach von einer »Blamage für die baden-württembergischen und hessischen Unionspolitiker«. Diese hätten offenbar eine richterliche Erklärung gebraucht, »um zu begreifen: Antifaschismus ist kein Verfassungsdelikt«. Auch in Hessen war gegen Csaszkóczy ein Berufsverbot verhängt worden.
Auch Rolf Gössner von der Internationalen Liga für Menschenrechte freute sich über das »Signal gegen Versuche, die Berufsverbotspraxis vergangener Jahrzehnte wiederzubeleben«. Mathias Krause vom Bundesvorstand der Solidaritätsorganisation Rote Hilfe forderte gestern »die sofortige Übernahme Michael Csaszkóczys in den Schuldienst sowie die umfassende Rehabilitierung aller früheren Berufsverbotsopfer«.