Neues Deutschland, 19.01.2006

10 000 für Michael Csaszkózy


Heidelberger Kampagne unterstützt von Berufsverbot betroffenen Lehrer



Von Ina Beyer

10 000 Unterschriften gegen Berufsverbote ist das neue Ziel der Heidelberger Solidaritätskampagne für den an der Ausbung seiner Tätigkeit gehinderten Lehrer Michael Csaszkóczy.
Zunächst wollte die Kampagne nur die Tausendermarke überwinden, als sie Mitte Dezember letzten Jahres mit einer Unterschriftenliste online ging. Die Resonanz war enorm: in nur zwei Wochen war das Ziel erreicht. Auch die Liste der prominenten Unterzeichner ist lang: Von Udo Lindenberg über den Übersetzer Harry Rowohlt bis hin zum Holocaust-Überlebenden Peter Gingold oder Petra Pau und zahlreichen weiteren Politikern inner- und außerhalb des Bundestages reicht sie.

Mit der Kampagne wolle man den Protest dagegen, dass Csaszkóczy seinen Beruf nicht ausben darf, ein neues Gesicht geben und zeigen, dass Menschen in verschiedensten Berufssparten gegen Berufsverbote eintreten, sagt Carmen Hofmeister vom Solikomitee. Dass die Unterschriften so schnell zusammenkommen würden, überraschte sie zunächst ein wenig.

Mit frischer Kraft ist man jetzt dabei, die Kampagne auszuweiten. Demnächst hoffentlich also 10000 Unterschriften, von denen man sich mehr öffentlichen Druck erhofft. Außerdem soll die Kampagne um regionale und themenspezifische Schwerpunkte erweitert werden. So gibt es beispielsweise schon eine lokale Webseite extra für den Raum Heidelberg.

Für das kommende Frühjahr plant das Solikomitee eine bundesweite Demonstration in Karlsruhe. Sie solle auf den bevorstehenden Prozess beim dortigen Verwaltungsgericht aufmerksam machen, sagt die Aktivistin. Wann genau das Verfahren beginnen wird, steht derzeit noch nicht fest. Sie hoffen auf die erste Hälfte des Jahres, so Carmen Hofmeister.

Vor dem Verwaltungsgericht hatte Michael Csaszkóczy Ende 2004 Klage eingereicht, nachdem ihm die Ausübung seines Lehrerberufs vom baden-württembergischen Oberschulamt untersagt worden war. Begründet hatte die Behörde dies Csaszkóczy gegenber damit, dass man Zweifel daran habe, ob er jederzeit bereit sei, für die freiheitlich demokratische Grundordnung einzutreten. Im August 2005 schloss sich auch das Kultusministerium Hessen der Verweigerungspraxis an.

Nachdem der 35-jährige Lehrer als bester unter neun Bewerbern für eine Stelle an der Heppenheimer Martin-Buber-Schule ausgesucht wurde, kam noch vor der ersten Lehrerkonferenz die Anweisung des Ministeriums, der Rektor solle vom Arbeitsvortrag mit Csaszkóczy zurücktreten. Vorgeworfen wird ihm vor allem sein Engagement, in antifaschistischen Gruppen und in der Antikriegsbewegung. An der fachlichen und pädagogischen Qualifikation in seinen Unterrichtsfächern Deutsch, Geschichte und Kunst gibt es jedoch keinen Zweifel. Als verfassungsfeindliches Vorhalten wird ihm unter anderem das Anmelden von Demonstrationen und die Mitarbeit an einer antifaschistischen Dokumentation angelastet.

Der Fall des Lehrers erinnert an den Radikalenerlass von 1972, der es gestattete, dass Menschen mit politisch unliebsamen Meinungen aus dem öffentlichen Dienst fern gehalten werden können, obwohl kein konkretes Vergehen vorliegt.

Zum Ende der 80er Jahre kehrte man in der Bundesrepublik von dieser Praxis jedoch wieder ab - der Radikalenerlass wurde zum Maulkorberlass. 1995 erklärte ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes das Berufsverbot zudem als menschenrechtswidrig.

Entscheidet das Verwaltungsgericht gegen Csaszkóczy, steht seine berufliche Zukunft in den Sternen. Zudem würde ein deutliches Zeichen gesetzt, wie in Deutschland Menschen mit Bezugnahme auf die freiheitlich demokratische Grundordnung ihr Recht auf freie Meinungsäußerung entzogen werden kann.