RNZ, 14.03.2007

Ein „linker“ Lehrer will sich in den Schuldienst klagen

Berufungsverhandlung über Berufsverbot für einen Lehrer vor dem Verwaltungsgericht in mannheim – Entscheidung wird heute erwartet.

Von Julia Ranniko

Mannheim. Die Lacher hat der Vorsitzende Richter Klaus Brockmann stets auf seiner Seite. „Wenn Steine zu fliegen beginnen“ , sagt er mit Blick auf Ex-Außenminister Joschka Fischer (Grüne) trocken, „muss das nicht immer enden in einer Karriere als Außenminister.“

Und als ihm der Kläger, der Lehrer Michael Csaszkóczy, von seiner Doktorarbeit zum Thema „Jugendkulturen und Geschichtsbewusstsein“ erzählt, kontert der Richter verschmitzt: „Das ist ein Thema, das Ihnen sicherlich liegt.Denn der Prozess vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg dreht sich genau um Themen wie Geschichtsbewusstsein und politischen Einsatz.

Weil sich Csaszkóczy seit Jahren in der „Antifaschistischen Initiative Heidelberg“ engagiert, verweigern ihm Baden-Württemberg und auch Hessen trotz fachlicher Eignung die Einstellung in den Schuldienst. Die Antifa-Gruppe wird vom Verfassungsschutz beobachtet und als linksextrem eingestuft. Trotz allen Humors geht es daher am Dienstag in dem nüchternen Gerichtssaal um so sperrige Begriffe wie „Verfassungstreue“ und „freiheitlich-demokratische Grundordnung“ - und vor allem um die berufliche Zukunft des 36 Jahre alten Lehramtsanwärters für Geschichte, Deutsch und Kunst.

Unterschiedlicher könnten die Kontrahenten kaum sein, die vor Gericht aufeinander treffen. Auf der einen Seite Csaszkóczy, ganz in Schwarz gekleidet, mit Lederhose und etlichen Ringen am Ohr. Und auf der anderen Seite der Vertreter des zuständigen Regierungspräsidiums Karlsruhe, mit beigem Jackett, Aktentasche und Schnauzbart.

Im August 2004 hatten die Schulbehörde und das Kultusministerium in Stuttgart Csaszkóczys Bewerbung wegen Zweifeln an seiner Verfassungstreue abgelehnt, seitdem streiten das Land und der verhinderte Lehrer - er wird von der Bildungsgewerkschaft GEW unterstützt - um das „Berufsverbot. Auch Hessen hat ihm die Beamtenlaufbahn verwehrt.

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte eine Klage des Pädagogen auf Einstellung in den Schuldienst vor einem Jahr abgelehnt. Für den baden-württembergischen Kultusminister Helmut Rau (CDU) war die Sache damals klar: „Wir können ihm die Kinder nicht anvertrauen." Der VGH allerdings sah „ernstliche Zweifel an der Richtigkeit“ des Karlsruher Urteils und ließ die Berufung zu. Die Mannheimer Richter wollen am heutigen Mittwoch ihre Entscheidung verkünden.

Das Land gründet seine Ablehnung unter anderem auf ein Papier der Antifa-Gruppe, in dem Militanz angeblich befürwortet wird. „Gewalt gegen Menschen oder Sachen habe ich immer deutlich verurteilt und abgelehnt“, betont dagegen der 36-Jährige.

Auch Erkenntnisse des Verfassungsschutzes, der Csaszkóczy seit 1992 beobachtet hat, spielen für das Land eine Rolle. In den Akten ist etwa notiert, dass er an Demonstrationen gegen Neonazi-Aufmärsche und den Irak-Krieg teilgenommen hat.

Bei dieser „Sündenliste“ könne man sich fragen, „wo die Sünden sind", sagt Richter Brockmann. Kein Beispiel aus der Liste allein sei ausreichend, erwidert der Vertreter des Regierungspräsidiums. „Es war die Summe der Erkenntnisse.“