Der „Fall Csaszkóczy" - ein Politikum?



700 Teilnehmer bei einer Demonstration gegen das Berufsverbot des Heidelberger Realschullehrers

Von Alexander R. Wenisch



Michael Csaszkóczy sei ein ideales Opfer, mutmaßt die Eppelheimer Musikerin Jane Zahn. In den Augen von Kultusministerin Annette Schavan (CDU), die gegen den Heidelberger Lehrer im August Berufsverbot verhängte, eigne der sich aufgrund seines unkonventionellen Aussehens wohl gut als Bürgerschreck. „Schavan hat anscheinend gedacht", kommentiert Zahn, der selbst 1977 der Weg ins Lehrerzimmer verwehrt wurde, „mit so einem würde sich niemand solidarisieren ". Nach Polizeiangaben bewiesen mindestens 700 Demonstranten am Samstag in der Innenstadt das Gegenteil. Um Csaszkóczy ging es bei der Demonstration - den über 20 Redebeiträgen und Solidaritätsadressen von Gewerkschaften, linksradikalen Gruppen und Parteien zufolge - nur noch sekundär. Schavan wolle an dem Heidelberger ein Exempel statuieren, äußerten sich viele. Csaszkóczy, dessen Fall in den zurückliegenden Wochen auf breites Medienecho stieß, sagt: „Ich fühle mich als Testballon". Die Demonstranten fürchten, dass die Berufsverbots-Praxis wieder wie in den 70er Jahren Alltag werde. Über drei Millionen Bewerber für den Staatsdienst wurden damals im Rahmen des„Radikalenerlasses" auf ihre Verfassungstreue überprüft. Lothar Letsche ist einer von ihnen. 1977, er war damals 31 Jahre alt, wurde ihm der Zugang zu den Klassenzimmern verwehrt, „weil ich für meine eigene Meinung einstand", sagt er. Und weil ihm Mitgliedschaft in der DKP nachgesagt worden sei. Letsche legte juristischen Widerspruch ein - vergeblich. Daher beteiligte er sich jetzt auch an der Demo. „Der Rechtsweg wird wohl auch hier keinen Erfolg bringen", fürchtet er. Wichtig sei es darum, Widerstand zu zeigen und den politischen Druck zu erhöhen. Nur wenn Gewerkschaften und Parteien klar Position bezögen, würde Baden-Württemberg keinen Alleingang in Sachen Berufsverbot wagen.Für einige linke Demonstranten ist der „Fall Csaszkóczy" Symbol eines „repressiven Polizeistaats", wie auf einem Plakat zu lesen war. Der Heidelberger war aufgrund seiner politischen Aktivitäten in der Heidelberger Antifa - „in einer unliebsamen Gruppe", so ein Redner - zehn Jahre lang vom Verfassungsschutz observiert worden. Die Demonstranten sind sich einig: Das Berufsverbot sei verfassungswidrig. Mitte der 90-er Jahre hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) diese Praxis als Verstoß gegen das Recht auf Meinungsfreiheit gewertet, worauf sich Csaszkóczys Unterstützer nun auch berufen. Kürzlich hatte das Bundesverfassungsgerichts jedoch veröffentlicht, dass Urteile des EuGH „von nationalen Gerichten nicht strikt befolgt werden müssen". Wie dies Einfluss auf den „Fall Csaszkóczy" haben wird, lässt sich zunächst nicht beurteilen. Vermutlich wird die Frage aber aus reinen Zeitgründen irrelevant. Gut ein Dutzend ehemalige Lehrer, die in den 70-er Jahren vom Berufsverbot betroffen waren, hatten sich an der Demo am Samstag beteiligt. Fast alle hatten gegen das Verbot prozessiert, was sich meist über Jahrzehnte hinzog. So lange wird der 34 Jahre alte Csaszkóczy wohl nicht warten können. „Im Moment weiß ich nicht, wie sich das alles entwickeln wird. Ich hänge voll in der Luft", sagt er. Widerspruch gegen das von Schavan verhängte Berufsverbot hat er bereits eingelegt.