Taz, 06.09.2007

 

Antifa darf nun doch unterrichten
Ein später Sieg: Michael Csaszkóczy wird in den Schuldienst übernommen. Lange wollten die Behörden verhindern, dass der aktive Linksextreme vor Schüler tritt. Sie zweifelten an seiner Verfassungstreue. Nach einem Gerichtsurteil lenkten sie jetzt ein

 

VON JOCHEN SCHÖNMANN

 

Der mit einem Berufsverbot be­legte Referendar Michael Csasz­kóczy darf nun doch den Schuldienst antreten. Am Dienstag­abend bestätigte ein Sprecher des baden-württembergischen Kultusministeriums, dass der 37-Jährige ein Einstellungsangebot für die Realschule in Eberbach am Neckar erhält. Für den Lin­ken, der sich bei der antifaschis­tischen Initiative Heidelberg en­gagiert, ist es eine Erlösung.

„Das ist ein guter Tag für alle Lehrer und Schüler” sagte Csasz­kóczy der taz. Jahrelang hatte sich das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe geweigert, den unkonventionell gekleideten Lehrer mit den 3o Ringen im Ohr in den Schuldienst zu überneh­men. Weil Csaszkóczy in der An­tifa „eine führende Rolle” einnehme, bestünden Zweifel an seiner Verfassungstreue, so die Begründung. Der Realschulleh­rer hatte immer betont, mit den Mitteln des Rechtsstaats gegen Unrecht und braune Propaganda zu kämpfen.

Sogar der Verfassungsschutz hatte ihn jahrelang beobachtet. Allerdings kam dabei nicht mehr heraus als eine von Csaszkóczy organisierte Demo, die den ange­meldeten Weg nicht einhielt, und eine Protestaktion vor ei­nem Asylbewerberheim, bei der er für kurze Zeit in Gewahrsam genommen wurde.

Maßgeblich für den jetzigen Meinungsumschwung war nach Angaben von Hansjörg Blessing,

dem stellvertretenden Presse­sprecher des Kultusministeri­ums, das Urteil des Verwaltungs­gerichtshofs Baden-Württem­berg im März. In der Urteilsbe­gründung heißt es: „Das RP hat bei seiner für den Kläger un­günstigen Prognose wesentliche Beurteilungselemente außer Acht gelassen.” Das Gericht wies die Behörde an, den Fall erneut zu prüfen und dabei das einwandfreie Verhalten Csasz- während der Referendariatszeit und sein privates Engagement für Kinder und Jugendli­che stärker zu berücksichtigen. Der 37-Jährige war dafür von der Stadt Heidelberg für die Bürger­medaille vorgeschlagen worden.

Das Gericht betonte außerdem, dass die Teilnahme an De­monstrationen vom Grundgesetz geschützt sei. Dass dies in der Begründung des RP überhaupt Erwähnung finde, sei „kaum nachzuvollziehen“. Csasz- c: köczy selbst ist der Meinung, s; „dass dieses Urteil ohne die Soli- n daritätsbewegung und die kritische Öffentlichkeit niemals zu stande gekommen wäre.

Nun darf er also unterrichten. Zunächst wird er im Angestelltenverhältnis arbeiten. Dies sei aber normal für Referendare, die nicht auf regulärem Weg eine Stelle bekommen, heißt es im al Ministerium. Csaszköczy habe die sichere Perspektive der Verbeamtung. Seine Rektorin in ­Eberbach, Regine Sattler-Streitberg, hat ihn vor Jahren ausgebildet. „Ich schätze ihn“, sagt sie. „Es tut gut, zu sehen, dass er endlich eine Chance bekommt.”