Taz, 14.03.2006

Berufsverbot für Lehrer bleibt

Verwaltungsgericht: Pädagoge darf nicht Lehrer werden, weil er sich in einer linksradikalen Antifa-Initiative engagiert

FREIBURG taz Michael Csaszkoczy darf nicht Lehrer werden. Das entschied gestern das Verwaltungsgericht Karlsruhe und bestätigte damit eine Entscheidung der baden-württembergischen Kultusverwaltung. Diese hatte den antifaschistisch engagierten Pädagogen abgelehnt, weil "Zweifel an seiner Verfassungstreue" bestünden. Konkret wurde Csaszkoczy sein Engagement für die Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD) vorgeworfen. Diese Gruppierung wird vom Stuttgarter Verfassungsschutz als "linksextremistisch" eingestuft. Die AIHD bezeichnet sich in ihrer Selbstdarstellung als "linksradikal" und sieht sich als "Teil der autonomen Bewegung". Anstoß nahm die Kultusverwaltung vor allem daran, dass sich die AIHD zu "Militanz als legitimem Mittel der Befreiung" bekenne. Csaszkoczy hatte entgegengehalten, er kritisiere zwar den Kapitalismus, aber nicht die Demokratie als Gesellschaftsordnung. Im Unterricht werde er die Schüler nicht indoktrinieren, das widerspreche schon seinem pädagogischen Selbstverständnis.

Während seines Referendariats hatte es keine Klagen über Csaszkoczy gegeben, der Realschullehrer mit den Fächern Deutsch und Geschichte werden will. Csaszkoczy ist sogar vom Oberschulamt schon für seine "Zivilcourage" gelobt worden. Im zweiten Staatsexamen erreichte er die Note 1,8. Ohne die politischen Bedenken des Landes wäre er eingestellt worden. Das Verwaltungsgericht gab gestern nur bekannt, dass Csaszkoczys Klage auf Einstellung in den Schuldienst abgelehnt wurde. Eine Begründung soll in etwa zwei Wochen folgen. Doch schon in der mündlichen Verhandlung am Freitag hatte der Vorsitzende Richter Bernd Heß zu Csaszkoczy gesagt, es bestehe "Anlass zur Befürchtung, dass Sie im Unterricht ein Bild unseres Staates propagieren und an Schüler weitergeben, das von Seiten des Landes als diskriminierend angesehen wird". Csaszkoczy wurde zwischenzeitlich auch in Hessen als Lehrer abgelehnt. Er will gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Rechtsmittel beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim einlegen.

Die Internationale Liga für Menschenrechte kritisierte das gestrige Urteil als "falsches Signal". Das Gericht habe es "versäumt, der berüchtigten Berufsverbotspraxis früherer Jahrzehnte einen Riegel vorzuschieben, und habe stattdessen ein mehr als zweifelhaftes Berufsverbot gerichtlich abgesegnet. Csaszkoczy ist allerdings auch in Baden-Württemberg ein Einzelfall. Seit 1995 war kein einziger Bewerber für den öffentlichen Dienst mehr wegen Zweifeln an der Verfassungstreue abgelehnt worden. Allerdings hatte Baden-Württemberg erst 1991 die Regelanfrage für den Verfassungsschutz abgeschafft, Das Land war damit neben Bayern Schlusslicht. Bis dahin wurde vor jeder Einstellung beim Geheimdienst angefragt. Nach wie vor muss ein Beamter aber laut Gesetz "die Gewähr dafür bieten, dass er jederzeit für die freiheitlich demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt" .

CHRISTIAN RATH