Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 13 /

13. Wahlperiode

Antrag

der Abg. Theresia Bauer u.a. GRÜNE

Berufsverbote in Baden-Württemberg aufgrund des Radikalenerlasses

Der Landtag wolle beschließen,

die Landesregierung zu ersuchen

zu berichten,

- wie viele Berufsverbotsverfahren auf der Grundlage des sog. Radikalenerlasses von 1972 mit wie vielen Bewerberinnen und Bewerber für den öffentlichen Dienst seit 1979 in Baden-Württemberg durchgeführt worden sind, wie viele Anträge auf Einstellung in den öffentlichen Dienst wegen Bedenkens an der Verfassungstreue abgelehnt worden sind und wie viele Bedienstete des öffentlichen Dienstes wegen Zweifeln an der Verfassungstreue entlassen wurden, jeweils getrennt nach den Bereichen Justiz, Polizei, Schuldienst und sonstige Verwaltung?

- in wie vielen Fällen gegen die Behördenentscheidung über die Ablehnung einer Einstellung in den öffentlichen Dienst bzw. die Entlassung aus dem öffentlichen Dienst ein Gerichtsverfahren durchgeführt wurde und in wie vielen Fällen die Verwaltungsentscheidungen von Gerichten für rechtswidrig erklärt worden sind?

- wie die Landesregierung mit Bewerberinnen und Bewerbern für den öffentlichen Dienst und Bediensteten des öffentlichen Dienstes, bei denen Zweifel an der Verfassungstreue besteht, verfährt und in wie vielen Fällen durch vertiefte Gespräche mit den Betroffenen und Vorgesetzten Bedenken gegen die Verfassungstreue ausgeräumt werden konnten?

- welche Auswirkungen das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Sache Vogt ./. Deutschland vom 26. 09. 1995 auf die baden-württembergische Verwaltungspraxis der Entlassung von Beamten wegen Mitgliedschaft in einer als verfassungsfeindlich eingestuften Partei oder Vereinigung hat?

- in welchen Fällen der Verfassungsschutz bei Zweifeln an der Verfassungstreue von Bewerberinnen und Bewerbern für den öffentlichen Dienst bzw. Bediensteten des öffentlichen Dienstes das Fachministerium und die zuständigen Verwaltungsbehörden ohne Anfrage informieren darf?

- wie die Landesregierung zu einer befristeten Anstellung von Bewerberinnen und Bewerbern für den Schuldienst von Baden-Württemberg, gegen deren Verfassungstreue wegen Mitgliedschaft in als linksextrem eingestuften Vereinigungen Bedenken bestehen, mit dem Ziel, den Bewerberinnen und Bewerbern die Möglichkeit zu bieten, durch ihr konkretes Verhalten im Schuldienst ihre Verfassungstreue unter Beweis zu stellen, steht?

Stuttgart, den 13. 09. 2004 Theresia Bauer, Oelmayer, Palmer, Lösch, Sitzmann

Begründung:

Die jüngste Ablehnung der Übernahme eines Lehramtsanwärters aus Heidelberg in den Schuldienst von Baden-Württemberg wegen Zweifeln an der Verfassungstreue geben Anlass zu hinterfragen, wie sich die Anwendung des Radikalenerlasses in Baden-Württemberg in den vergangen 25 Jahren entwickelt hat und wie sich das Mitteilungsverfahren zwischen Innenministerium und zuständigem Fachministerium seit Abschaffung der Regelanfrage 1991 gestaltet.