ROTE HILFE e. V. | Bundesvorstand

Göttingen, den 13. März 2006

Pressemitteilung

Verwaltungsgericht Karlsruhe bestätigt Berufsverbot gegen ein Rote-Hilfe-Mitglied

Nachdem das Verwaltungsgericht Karlsruhe am 10.03.2006 in einem vollbesetzten Saal über die Rechtmäßigkeit des Berufsverbotes gegen den Heidelberger Realschullehrer Michael Csaszkóczy verhandelt hatte, ist es nun am heutigen Montag mit der Bekanntgabe seines Urteils an die Öffentlichkeit getreten: Das Verwaltungsgericht hat am frühen Morgen das vom baden-württembergischen Kultusministerium verhängte Berufsverbot bestätigt.

Die Maßnahme des Ministeriums betrachtet das Gericht offenbar als legitim, auch wenn dem von staatlicher Repression Betroffenen individuell kein irgendwie geartetes, gar strafrechtlich relevantes Fehlverhalten nachgewiesen werden könne. Ausschlaggebend sei Csaszkóczys Engagement in der vom Verfassungsschutz als linksextremistisch eingestuften Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD).

Damit folgte das Gericht der Argumentationskette des für das „Referat Lehrer- und Personalverwaltung“ zuständigen Leitenden Regierungsdirektors, Detlef Brandner. Der ließ es sich am Freitag nicht nehmen, auf die von „friedliebender“ Absicht geprägte „Zivilcourage“ des Pädagogen hinzuweisen, um dann trotzdem dessen „Untauglichkeit“ für den Beruf als Lehrer zu attestieren - einzig und allein auf Grund seines „Bekenntnisses zur AIHD“ und zu anderen linken Organisationen wie zum Beispiel der Roten Hilfe e. V. Er behauptete, dass Michael Csaszkóczy das parlamentarische System (FDGO) diffamieren würde. Und er legte noch darauf : "Ich wollte nicht haben, dass mein Sohn bei ihm in Geschichte oder Gemeinschaftskunde unterrichtet wird." Eigentlich hat Brandner Michael Csaszkóczy und alle anderen Kritiker von unhaltbaren Zuständen in der BRD diffamiert.

Das Verwaltungsgericht hat damit deutlich gemacht, dass es an einer Reanimation der Berufsverbotspraxis interessiert ist, die für die 1970er Jahre so prägend war, weil damals in der BRD über 100.000 Menschen davon betroffen waren. Während diese Maßnahme in einer von der Blockkonfrontation zwischen Ost und West dominierten politischen Gesellschaftssituation von staatsnahen Kräften noch wegen der Unterwanderungs- oder Indoktrinationsgefahr durch eine starke Linke gerechtfertigt werden konnte, haben sich die Umstände nun umfassend gewandelt. Schließlich können selbst konservative Gruppierungen solche Gefahrenszenarien heute nicht mehr vermitteln, ohne unglaubwürdig zu erscheinen.

Das Verwaltungsgericht wird durch seine Entscheidung zum Vollstrecker einer auf dem Boden staatsideologischer Prämissen urteilenden Gesinnungsjustiz, bei der das immerwährende Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung des verfassten Regierungssystems in eine vollständige Entpolitisierung des BeamtInnentums transformiert werden soll. Das heißt, dass vor allem LehrerInnen kein außerparlamentarisches oder nichtstaatliches antifaschistisches Engagement an den Tag legen dürfen, eben weil sie als LehrerInnen in ihrer Rolle als FormerInnen staatshörigen Nachwuchses aufgehen müssen.

Ob sie sich dabei individuell in strafrechtlich relevantes Gewässer begeben haben oder „nur“ Mitglieder von Gruppierungen sind, die vom Verfassungsschutz (VS) beobachtet werden, spielt keine Rolle. Die Zugehörigkeit zu einer vom VS als bedrohlich eingestuften Gruppierung, der über breite Vernetzung bundesweite Bedeutung zugeschrieben wird (wie damals der DKP), reicht da völlig aus. Das Karlsruher Urteil ist als Aufforderung an unseren langjährigen Genossen Michael zu verstehen, politisch abzuschwören, sich endlich zu einem „wehrhaften Demokraten“ zu entwickeln, alle Mitgliedschaften in linken Organisationen aufzukündigen und ein „guter Deutscher“ zu werden - dann darf er auch endlich Kinder unterrichten.

Dagegen werden wir weiterhin protestieren und zusammen mit anderen Gruppierungen den Versuch unternehmen, die rechtlichen Grundlagen des so genannten Radikalenerlasses endgültig aus dem Landesrecht zu streichen. Zu diesem Zweck findet am 25.03.2006 in Karlsruhe eine bundesweite Demonstration gegen das Berufsverbot statt, zu der auch die Rote Hilfe aufruft.

Mathias Krause für den Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V.