Solidaritätskomitee gegen das Berufsverbot


Presseerklärung zur Veröffentlichung der Urteilsbegründung in Sachen Berufsverbot durch das Verwaltungsgericht Karlsruhe


Eine Woche nach der mündlichen Verhandlung - und mehr als eineinviertel Jahr nach Klageerhebung - hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die schriftliche Begründung des Urteils vorgelegt, mit dem das Berufsverbot für Michael Csaszkóczy nun auch von der Justiz bestätigt wurde.


Die Urteilsgründe beschränken sich in ihrem Kern auf die Frage der Mitgliedschaft von Michael Csaszkóczy in der AIHD - das "Sündenregister" des Verfassungschutzes, die sogenannte 20-Punkte-Liste, mit der Michael Csaszkóczy vorwiegend antifaschistische Aktivitäten (Demos gegen NPD- Aufmärsche u.ä.) vorgeworfen wurden, spielt praktisch keine Rolle mehr. Im Gegenteil, seine persönlichen Aktivitäten werden nahezu lobend bewertet: "ein engagierter Streiter gegen Rechts und für friedliche Auseinandersetzungen mit der Staatsmacht".


Michael Csaszkóczy sei aber sozusagen ein Wolf im Schafspelz. Das filtert das Gericht aus dem Papier der AIHD "Wir über uns" heraus, das ihm qua Mitgliedschaft in der AIHD zugerechnet wird. Daraus werde nämlich deutlich - und hier bezieht sich das Gericht auf die Verfassungschutzberichte des Bundes und des Landes Baden-Württemberg, dass der "Antifaschismus" (den das Gericht mit spitzen Fingern in Anführungsstriche setzt) das traditionelle Aktionsfeld für Anhänger und Gruppierungen des Linksextremismus sei und "sich seit jeher nur vordergründig gegenden den Rechtsextremismus richte".


Sozusagen durch einen doppelten Rittberger wird diese pauschale Diffamierung dann für den konkreten Fall Csaszkóczy fruchtbar gemacht: auf der einen Seite werden die Zitate aus dem AIHD-Papier so geschickt neu zusammengeknüpft, dass der Eindruck entsteht, es gehe ihr um die Abschaffung des Staates Bundesrepublik Deutschland - und nicht um rassistische, fremdenfeindliche und neonazistische Strukturen und Erscheinungen vor allem in der Gesellschaft; und zum anderen wird die von jedem Beamten/Lehrer mitzubringende Verfassungstreue schwerpunktmäßig von der Verfassung, also den Werten des Grundgesetzes, hinweg verlagert zur Treue zum Staat.


Insbesondere moniert das Gericht zwei Aussagen aus dem Papier der AIHD: Zum einen die Darstellung, dass es gesellschaftliche Kontinuitäten zwischen dem Nationalsozialismus und der BRD gegeben habe, zum anderen, dass im Deutschland der 90er Jahre rassistische Übergriffe zur Normalität geworden seien. In diesen Passagen werde "die Bundesrepublik Deutschland haltlos angegriffen und diffamiert" und "die Grenzen einer legitimen Kritik unseres Staates (...) weit überschritten."

Wenn solche Aussagen (die wissenschaftlich fundiert sind, einen tatsächlichen historischen Hintergrund haben und gerade deshalb auch in der Öffentlichkeit präsent sind) für Angehörige des öffentlichen Dienstes nicht mehr erlaubt sein sollen, dann ist die Meinungsfreiheit tatsächlich in höchster Gefahr.


Den Bruch mit dem Nationalsozialismus hat die deutsche Gesellschaft 1945 nicht aus eigenem Antrieb und nicht aus eigener Kraft vollzogen. Daraus ergab sich eine Kontinuität zwischen Nationalsozialismus und bundesdeutscher Gesellschaft, die gerade zu den Schwierigkeiten zählte, mit denen die neue Verfassung zu kämpfen hatte.

Das Verwaltungsgericht schwingt sich hier zu einer Autorität in Sachen Historie auf, die versucht, eine höchst fragwürdige Version deutscher Geschichte zu verordnen.


Das Solidaritätskomitee gegen das Berufsverbot sieht durch das Urteil grundlegende Menschen- und Bürgerrechte verletzt, insbesondere das Recht auf Meinungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit und freie Berufswahl.


Michael Csaszkóczy wird mit Unterstützung der GEW Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen.





Für das Solidaritätskomitee


Stefan Riedel