Persönlicher Bericht zum Prozessverlauf

von Michael Csaszkóczy gegen das Land Baden -Württemberg auf Einstellung in den Schuldienst
am Freitag, den 10. März 2006 im Verwaltungsgericht Karlsruhe

Das Verwaltungsgericht musste in einen größeren Raum umziehen, und auch dieser wurde fast gesprengt von den vielen Zuhörerinnen und Zuhörern. Das öffentliche Interesse sowohl von einer breiten Medienöffentlichkeit als auch von VertreterInnen der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft, der Humanistischen Union, der Internationalen Liga für Menschenrechte, des Komitees für Grundrechte und Demokratie und des Republikanischen Anwältinnen- und Anwaltsvereins machte deutlich, dass es nicht nur um einen Einzelfall geht, sondern um eine für die Zukunft der Demokratie grundlegende Entscheidung.

Dennoch begann der Prozess zunächst in fast schon launiger Atmosphäre: Der Vorsitzende Richter Hess bat die fotografierende Presse darum, anfangen zu können und stellte die Frage, ob das Regierungspräsidium Nordbaden vielleicht Angst vor so vielen Zuschauern habe, weil es zu Beginn nicht erschienen war.

Auch Herr Brandner, der fünf Minuten zu spät sich mühsam in den überfüllten Raum drängende Vertreter des Regierungspräsidiums, fand erstaunlich persönliche Worte: Er würde Michael Csaszkóczy gerne auf eine Party einladen, um mit ihm zu diskutieren, aber er wolle nicht, dass sein Sohn von einem solchen Menschen in Geschichte unterrichtet würde.

Der Vorsitzende Richter verlas die Aktenlage und stellte dann die Frage, ob das Land nicht auch eine Einstellung im Angestelltenverhältnis in Erwägung ziehen würde. Dies verneinte Herr Brandner. In diesen Bereich (Realschule) würden nur verbeamtete Lehrer eingestellt. Damit war die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts geklärt.

Danach wollte der Richter wissen, ob die Fächerkombination Michael Csaszkóczys (Geschichte, Deutsch und Kunst) eine Rolle bei der Verweigerung der Einstellung gespielt habe. Dies war in den bisherigen Verlautbarungen der Behörden nie aufgetaucht, aber Herr Brandner wollte nicht ausschließen, dass dies eine besondere Rolle in diesem Fall spiele.

Dann verlas der Richter Absätze aus einer Erklärung der Antifaschistischen Initiative Heidelberg auf ihrer Homepage und schloß daraus, dass Michael ein Bild von unserem Staat und seiner gelebten Verfassungsordnung wiedergeben könnte, das vom Land als diffamierend aufgefasst werden kann. Bei den Auszügen aus dem Papier ging es um vorhandenen Rassismus und rechte Gewalt in der Bundesrepublik, um den nicht vollzogenen Bruch mit der Vergangenheit und die Notwendigkeit einer strukturellen Veränderung. Aus dem Publikum kam prompt “stimmt doch!“. Ist also der Hinweis auf Missstände bereits nicht mehr erlaubt für Beamte, weil der Staat dies als ein diffamierendes Bild auffassen könnte?

Michael erhielt Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Er wies darauf hin, dass ihm von keiner Seite persönliches Fehlverhalten vorgeworfen wird. Zudem sei es sowohl mit seiner politischen als auch mit seiner pädagogischen Überzeugung unvereinbar, SchülerInnen zu indoktrinieren. Auch hier vor Gericht erkannte der Vertreter des Regierungspräsidiums an, dass keinerlei Erkenntnisse über ein persönliches Fehlverhalten vorliegen. Wodurch, so fragte Michael, könne man denn die gelebte Treue zur Verfassung beweisen, zudem sein politisches Engagement immer auf mehr Demokratie und den Schutz von verfassungsrechtlich verankerten Grundrechten abgezielt habe.

Die Aussagen von Polizei und Oberbürgermeisterin der Stadt Heidelberg, dass es auch der Tätigkeit von Michael zu verdanken ist, dass in Heidelberg keine rechtsradikale Szene existiert, wurde vom Gericht nicht in Zweifel gezogen – Rechtsanwalt Martin Heiming hatte den Antrag gestellt, diese ZeugInnen zu befragen.

In seinem Schlusswort legte Rechtsanwalt Heiming die Realität der Bedrohung von rechts dar an einem persönlich erlebten Fall in Ettlingen vor den Toren Karlsruhes. Er hatte dort Jugendliche vertreten, die angeklagt waren, das Auto eines stadtbekannten Neonazis zerkratzt zu haben. Sie wurden freigesprochen, deshalb aber auf dem Weg vom Gericht von Neonazis so bedroht, dass sie Polizeischutz brauchten. Wie wichtig die Arbeit Michael Csaszkóczys ist, zeige auch das aktuelle Beispiel in Halberstadt, wo auf Druck der Neonazis ein Konzert von Konstantin Wecker abgesagt wurde.

RA Heiming führte dann in einem Vergleich mit der historischen Situation der früheren Berufsverbote die grundsätzliche Unverhältnismäßigkeit eines Berufsverbots gegen Michael Csaszkóczy aus. Die Bundesrepublik Deutschland habe eine gefestigte Verfassung, keine äußeren Feinde, und bei der Antifaschistischen Initiative Heidelberg handle es sich um eine lokale Organisation, keine Partei. Der Vertreter des Regierungspräsidiums Nordbaden erklärte dagegen, wer so lange wie Michael Csaszkóczy an führender Position politisch tätig war, erfülle die Pflicht zur Verfassungstreue nicht, zumindest könne er die Zweifel daran nicht ausräumen.

Der Richter erklärte, die Entscheidung des Gerichts würde am Montag Vormittag bekanntgegeben werden.

In der anschließenden Pressekonferenz im DGB-Haus in Karlsruhe erklärte die Vorsitzende der GEW Nordbaden, Hildegard Klenk, bezüglich des Prozessverlaufes, dass sie erfreut sei über das große öffentliche Interesse an diesem Fall. Die GEW unterstützt ihr Mitglied Michael Csaszkóczy rechtlich und politisch und fordert nicht nur seine Einstellung, sondern auch die Beendigung der Praxis der Berufsverbote generell. Dr. Rolf Gössner, Vertreter der Internationalen Liga für Menschenrechte, des Komitees für Grundrechte und Demokratie und des Republikanischen Anwaltinnen- und Anwaltsvereins, sprach von einer “Kontaktschuld“, die Michael vorgeworfen werde. Er persönlich habe keinerlei Fehlverhalten gezeigt, aber die Antifaschistische Initiative, der er angehöre, sei ins Visier des Inlandgeheimdienstes geraten und würde von ihm als verfassungsfeindlich eingestuft. Damit, so fasste es Rechtsanwalt Martin Heiming zusammen, werde der Verfassungsschutz zum Herrn eines Einstellungsverfahrens gemacht.